EuGH - Urteil
04.11.2016
EuGH Urteil vom 19.10.2016
Werden jetzt alle Medikamente billiger?
Kurze Antwort: Nein.
Worum ging es in diesem Prozess? Die holländische Versandapotheke DocMorris (die dem börsennotieren Unternehmen Zur Rose AG – Schweiz- gehört) hatte gegen die Tatsache geklagt, dass in Deutschland Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente verboten sind. Der deutsche Gesetzgeber hatte bereits festgelegt, dass das auch so bleiben soll, zur Sicherstellung der flächendeckenden, ordnungsgemäßen Arzneimittel Versorgung der deutschen Bevölkerung. Da diverse ausländische Kapitalunternehmen aber brennend gern in den deutschen Arzneimittelmarkt möchten und der einzige Punkt, mit dem sie punkten können der Preis ist, wurde vor dem europäischen Gerichtshof gegen den deutschen Staat geklagt. In einem (auch von Fachleuten so bezeichnetem) sowohl inhaltlich, als auch handwerklichen abstrusen Urteil auf Stammtisch Niveau, bekamen die ausländischen Kapitalgesellschaften Recht.
Wie man den aktuellen Werbespots von DocMorris entnehmen kann, möchte der Konzern aber bitte nur die chronisch kranken Patienten haben. Hier betreibt der Konzern somit eine Rosinenpickerei, um möglichst nur die lukrativen unkomplizierten Rezepte abzugreifen.
Keinerlei Belieferung von Kühlkettenpflichtigen Artikeln, Betäubungsmitteln, individuell angefertigten Rezepturen. Nacht- und Notdienste werden sowieso nicht geleistet. Dienstleistungen, wie Blutzucker- und Blutdruckmessungen, Ernährungs-, Reise- und Impfberatung, qualifizierte pharmazeutische Beratung rund um die gesamte Medikation, werden aufgrund der Distanz überhaupt nicht angeboten, oder notdürftig und unpersönlich von einem Call – Center abgehandelt.
Fazit: Brauchen wir in unserem Gesundheitssystem einen Preiskampf, den große ausländische Konzerne gegen die Inhabergeführten Apotheken in Deutschland führen? Ganz klar: NEIN
Die Apotheke vor Ort erfüllt ihren vom Gesetzgeber formulierten Auftrag (die ordnungsgemäße Versorgung) 24 Stunden 365 Tage im Jahr in einem Umfang, den eine Versandapotheke nie erfüllen kann, wird oder auch nur will. Stehen jetzt bereits knapp 30% der derzeit 20.249 Apotheken finanziell auf der Kippe, so wird sich dieses Verhältnis nach diesem Urteil (sollte der deutsche Gesetzgeber nicht reagieren) weiter verschlechtern. Mittelfristig werden viele Apotheken schließen müssen. Preiskampf mit großen Konzernen ist einfach nicht zu schaffen. Dadurch gerät die flächendeckende Versorgung in Deutschland (grade auch in ländlichen Gebieten)in Gefahr.
Die Gesundheit ist das höchste Gut des Menschen, welches man nicht in die Hände großer Konzerne legen sollte, denen nicht das Wohl des Patienten am Herzen liegt, sondern nur ihre nächsten Quartalszahlen. Wohin solche Monopol oder Oligopol Strukturen führen können, sieht man tag täglich in dieser und auch vielen anderen Sparten.